Historischer Verein Memmingen

Geschichtsforschung - Heimatpflege - Denkmalschutz

Glossar Memmingen 1525

 

 

Allgäuer Haufen

Im Widerstand u.a. gegen Versuche des Fürstabtes von Kempten, seine Herrschaft auszubauen, kam es im Januar und Februar 1525 zu mehreren Versammlungen (Obergünzburg, Sonthofen, Marktoberdorf); am 27. Februar schlossen sich die Bauern in Leubas zu einer "Christlichen Vereinigung der Landart Allgäu" zusammen und forderten von ihren Herrschaften eine Abschaffung der Sonderprivilegien der Geistlichkeit, eine Ende der Leibeigenschaft und die Freigabe von Jagd und Fischerei. Statt des Zehnten sollten die Pfarrer künftig durch Geldzahlungen besoldet werden. Zu Bauernführern wurden gewählt: Jörg Schmid, der Knopf von Leubas, der Rothenfelser Landamman Ulrich Gsell von Immenstadt, der Hohenegger Ammann Hans Riess und der Hohenegger Landschreiber Konrad Miller, anderen Quellen zufolge waren Ulrich Rapp von Obergünzburg, Paul Probst von Ettwiesen, Endris Albrecht von Oy, Ulrich Gsell von Immenstadt, Hans Biterolf von Holzleute, Thomas Scherer von Legau und Michel Hueß von Haselburg Hauptleute des Allgäuer Haufens. Weitere Anführer kamen während der militärischen Auseinandersetzungen hinzu, u.a. der erfahrene Landsknecht Walter Bach von Oy. Es gelang im April und Mai die Besetzung und teilweise Zerstörung zahlreicher Burgen. Der Allgäuer Haufen verweigerte sich dem Weingartener Vertrag vom 17. April, musste vor den heranrückenden Truppen des Schwäbischen Bundes unter dem Kommando des Jörg Truchseß von Waldburg fliehen und verlor den Kampf am 14. Juli 1525 bei Leubas.

Antoniter

Die geistliche Gemeinschaft der Antoniter, 1095 im südfranzösischen Saint-Antoine gegründet, nahm sich der Behandlung des "Antoniusfeuers" an. Durch den Verzehr von mit Mutterkornpilz befallenen Getreides litten Menschen an schweren Durchblutungsstörungen, durch die Gliedmaßen unter großen Schmerzen abstarben. Vorstand der 1214 errichteten Memminger Niederlassung war ein Präzeptor, der zugleich auch Pfarrer der benachbarten Pfarrkirche Sankt Martin war. Das Antonierhaus war damit Pfarrhof und Spital zugleich, die benachbarte Kirche (Kinderlehrkirche) war auch Spitalkirche. Finanziert wurde das Sozialprojekt durch (über)regionale Sammlungen und Abgaben von Höfen der näheren Umgebung; zwischen Spital, Spitalkirche und Pfarrkirche stand einst ein großer Zehntstadel.

Baltringer Haufen

Schon zu Weihnachten 1524 wird von der Bildung eines Bauernhaufens im Baltringer Ried berichtet. Mit dem Hinweis auf "Göttliches Recht" traten die Bauern verschiedener oberschwäbischer Herrschaften im Februar 1525 unter Führung Ulrich Schmids von Sulmingen in Verhandlungen mit ihren Herrschaften und dem Schwäbischen Bund ein; der Memminger Bürger Sebastian Lotzer wurde am 27. Februar zu ihrem Feldschreiber. Am 4. April erlitt der Haufen in der Schlacht von Leipheim eine vernichtende Niederlage.

Bürgermeister

Mit dem sog. Zunftbrief von 1347 waren die Zünfte der Reichsstadt am Stadtregiment beteiligt, an dessen Spitze ein jährlich neugewählter Bürgermeister stand. Zumeist stellten Mitglieder der Großzunft den Bürgermeister, im frühen 16. Jahrhundert vielfach aber auch Bürger.aus Handwerker-Zünften.

Personen 1525:

Bundesordnung

Am 7. März 1525 schlossen sich die Vertreter der oberschwäbischen Bauernhaufen (Allgäuer Haufen, Baltringer Haufen, Seehaufen) in der Memminger Kramerzunftstube zur "Christlichen Vereinigung" zusammen und geben ihrem Bündnis mit einer Bundesordnung Struktur und Stabilität. Die Bundesordnung, ergänzt um eine Landesordnung, um Schwörartikel und eine Predigtordnung, wurde an 11 Orten gedruckt.

Christliche Vereinigung

siehe Bundesordnung

Disputation

Unter Disputation verstand man in der Reformationszeit wissenschaftliche Streitgespräche zwischen Theologen.

siehe Religiongespräch

Dorfordnung

Wahrscheinlich im Rahmen der Ausbildung eines eigenen Territoriums gelangten in den Memminger Dörfern einige Dorfordnungen zur Geltung, die das Leben im Dorf regelten, aber auch die Teilhabe der Bauern sicherstellten. Einem von der Herrschaft beauftragten Dorfamman standen Vierer zur Seite, gewählt zur Hälfte von großen und von kleinen Bauern. Die Besetzung des Dorfgerichtes erfolgte partizipativ, beginnend mit einem Vorschlag des Dorfammans, das Dorfgericht sorgte sich in dörflichen Angelegenheiten um eine Ahndung und Schlichtung von Vergehen und Konflikten - unter Aufsicht der städtischen Verwaltung und Gerichtsbarkeit.

Frauenkirche

siehe Kirche zu Unserer Lieben Frau

Gerichtsbarkeit

Spital und Bürger besaßen vielfach die niedere Gerichtsbarkeit in ihren Dörfern oder über ihre Untertanen, Geahndet wurden Beleidigungen, Raufereien oder Verstöße gegen die Dorfordnung mit Geldbußen, Gefängnis oder Verbannung. Die Hochgerichtsbarkeit über Taten, die mit Körperstrafen oder gar mit dem Tod bestraft wurden (Raub und Mord, Diebstahl oder Hexerei) wurde von der Reichsstadt Memmingen angestrebt, aber 1525 außerhalb der Stadtmauern von verschiedenen Herrschaft ausgeübt (u.a. Landvogtei Schwaben. Nach Art des Verbrechens oder Stand des Verbrechers wurden Urteile durch Rädern, Enthaupten oder Hängen vollzogen. Die Reichsstadt erlangte die vollständige Blutgerichtsbarkeit über ihr Territorium erst zur Mitte des 18. Jahrhunderts.

Großzehnt

siehe Zehnt

Großzunft

Mit Beginn der Zunftherrschaft 1347 bildeten die alten Ministerialen- und Kaufmannsgeschlechter eine eigene Zunft - die zweifelsohne einflussreichste in der Reichsstadt. Eine verfassungsmäßig verankerte Vormachtstellung erhielten die Patrizier aber erst wieder 1551/52 durch eine Abwertung der bürgerlichen Zünfte und eine feste Mehrheit im Kleinen Rat. Über Jahrhunderte prägte die "Adelige Gesellschaft zum goldenen Löwen" die politische, wirtschaftliche und kulturelle Ausrichtung der Reichsstadt - bis zur Mediatisierung Memmingens durch das Kurfürstentum Bayern.

Grundherrschaft

Die Bewirtschaftung von Grund und Boden erfolgte in der mittelalterlichen Feudalgesellschaft durch den Grundholden (Bauern), der dem adeligen oder kirchlichen Grundherrn zu Erb- oder Leibrecht untertänig war, also abgabe- und dienstpflichtig. Den Pflichten des Grundholden, Treue und Gehorsam, standen seitens des Grundherren Schutz und Schirm gegenüber, verschriftlicht im Bestandsbrief (des Grundherrn) und Bestandsrevers (des Bauern). Vielfach waren im Dorf "Zwing und Bann" (niedere Gerichtsbarkeit) sowie der Kirchenbann (Patronatsrecht über die Dorfkirche) mit der Grundherrschaft verknüpft, was in die Ortsherrschaft mündete.

Heilig-Geist-Orden

Heilig-Geist-Spital

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde in der aufstrebenden Reichsstadt ein Spital gegründet und dem Heilig-Geist-Orden übergeben. Im Spital wurden Kranke gepflegt, Alte versorgt, Waisenkinder erzogen, Pilger aufgenommen. In der benachbarten (zweischiffigen) Spitalkirche traten zur christlichen "caritas" religiöse Riten, die die "Armen Dürftigen" in ihrer Hoffnung auf das himmlische Seelenheil bestärkten. Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde das "Unterhospital" von reichsstädtischen Pflegern verwaltet, während die Seelsorge beim "Oberhospital" verblieb. Zur Finanzierung seiner Aufgaben erwarb das Spital vor allem ab dem zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts zahlreiche Höfe im Memminger Umland, oft verbunden auch mit Gerichts- und Kirchenrechten. Auf der Basis von spitalischem und bürgerlichem Grundbesitz griff die Reichsstadt als Obrigkeit zu Beginn des 16. Jahrhundert mit landesherrlichen Verordnungen in den Lebensalltag von Stadt und Land ein.

Kirche Sankt Martin

Die Geschichte von Memmingens Hauptkirche im welfisch-staufischen Siedlungskern der Reichsstadt reicht ins Hochmittelalter zurück. Sie war religiöser Mittelpunkt der Bürger, ihrer Zünfte und Bruderschaften. In der Verehrung einer Bluthostie aus dem Benninger Ried wurde sie zeitweilig zur Wallfahrtskirche. Zahlreiche Priester lasen an verschiedenen Altären Messe und versammelten sich zum Chorgebet im Hochchor - neuerrichtet 1496 bzw. von 1501 bis 1507. Durch die Predigten Christoph Schappelers wurde sie zu einem Zentrum der Reformation in der Stadt bzw. in der Region.

Kirche zu Unserer Lieben Frau

Auf dem Boden einer hochmittelalterlichen Kirche errichtete der Heilig-Geist-Orden, dem die Kirche als Patronatsherrn inkorporiert war, zur Mitte des 15. Jahrhunderts eine spätgotische Kirche, die als Kapitelskirche zu einem religiösen Mittelpunkt der Region wurde - ausgestattet mit bemerkenswerten Fresken der Künstlerwerkstatt um Hans Strigel d.Ä. Die Kritik der Gemeinde an der hergebrachten Messliturgie wurde an Weihnachten 1524 zu einer Wegmarke der Memminger Reformation. Der Streit zwischen Orden und Reichsstadt endete Jahrzehnte später in der Vereinbarung einer gemeinsamen Nutzung des Kirchenraumes (Simultaneum).

Kleinzehnt

siehe Zehnt

Kramerzunft

Kreuzherren

siehe Heilig-Geist-Orden

Landsknecht (Reisläufer)

Als Stand des Heiligen Römischen Reiches war die Reichsstadt zur Stellung von Landsknechten bzw. Söldnern zu Fuß verpflichtet. Bewaffnet mit einer Pike und mitunter extravagant gekleidet waren sie Reichskriegen im Einsatz, im späten 15. Jahrhundert in Burgund oder Ungarn, zur Jahrhundertwende und in den Jahren danach in der Schweiz oder in Italien. Landsknechte wurden aus Bürger- und Bauernschaft angeworben und zunächst nur auf eine bestimmte Zeit in Regimentern und Fähnlein organisiert.

Leibeigenschaft

Leibeigene Bauern standen in einem besonders engen, mit Frondiensten verknüpften Verhältnis zum Herrn. "Eigenleute" waren in ihrer Freiheit eingeschränkt und an den Grund des Leibherrn gebunden; Eheschließungen bedurften dessen Zustimmung. Man geht davon aus, dass die Ausweitung der Leibeigenschaft (etwa zur Intensivierung der Herrschaft im Territorium) eine der Hauptursachen des Bauernaufstandes von 1525 war.

Magistrat

siehe Rat

Prädikaturstiftung

siehe Prediger

Prediger

Dem Wunsch der Gemeinde nach einer besseren Predigt entsprachen die Gründung von Prädikaturstiftungen vorwiegend in städtischem Umfeld. In Memmingen stiftete 1479 die bedeutende Kaufmannsfamilie Vöhlin eine solche Stiftung; ihr Inhaber war verpflichtet, mehrmals in der Woche in Sankt Martin zu predigen.

Rat

Seit der Einführung der Zunftverfassung hatten die letztlich 12 Zunftmeister Anteil am Stadtregiment. Zusammen mit 12 gewählten Ratgeben bildeten sie den Rat. Bürgermeister und 6 Räte traten als Geheimer Rat ("Sechser") zusammen. Wurden die "Zweier" hinzugezogen, sprach man vom Großen Rat. Nahmen auch die "Elfer" an einer Sitzung teil, fand eine Versammlung der Gemeinde zur Beratung besonders wichtiger Entscheidungen statt. Der 24-köpfige "Kleine Rat" tagte regelmäßig an drei Tagen pro Woche. Seine vom Stadtschreiber geführten Protokolle sind eine der wichtigsten Quellen der Memminger Stadtgeschichte ab dem frühen 16. Jahrhundert. Mit zugewandten und dialogbereiten Haltung war er wesentlich dafür verantwortlich, dass sich die Memminger Bauern nicht dem Aufstand zuwandten und sich die oberschwäbische Bauern in der Kramerzunftstube versammelten und verbündeten.

Reichsstadt

Mit der Erlangung der hohen Gerichtsbarkeit ("Blutbann") wurde die welfisch-staufische Stadt Memmingen im 14./15. Jahrhundert zur Reichsstadt und war damit dem König und seinen Ämtern unmittelbar unterstellt - bis zur Mediatisierung durch das Kurfürstentum Bayern am 30. November 1802.

Religionsgespräch

Nach einer Eskalation des Konflikts um das gemeinsame Abendmahl in beiderlei Gestalt in der von Kreuzherren betreuten Kirche Unser Frauen lud der Rat der Reichsstadt zu Jahresbeginn 1525 Bürger und Geistliche (darunter auch den Konstanzer Generalvikar) zu einem Religionsgespräch ins Rathaus ein. Grundlage der Besprechungen sollten sieben Thesen Christoph Schappelers ein:
1. Ohrenbeichte
2. Marien- und Heiligenverehrung
3. Zehnt
4. Messfeier
5. Fegefeuer
6. Abendmahl in Form von Brot und Wein (beiderlei Gestalt)
7. Priestertum aller Gläubigen
Mit Hinweis auf die allgemeine Kompetenz von Papst und Konzil verweigerten die altgläubigen Priester eine eingehende Diskussion dieser Themen; die Reichsstadt beschritt im Folgenden weitere Reformen des Kirchenwesens.

Sankt Martin

siehe Kirche Sankt Martin

Stadtrat

siehe Rat

Schwäbischer Bund

Im Schwäbischen Bund vereinigten sich 1488 adelige und klösterliche Herrschaften sowie Reichsstädte Schwabens, um gemeinsam den Landfrieden in der Region zu sichern. Der Bund zog von seinen Mitgliedern Geldbeiträge ein, verlangte Landsknechte für militärische Aktionen und beriet im Bundesrat zu Ulm über Fragen von Ruhe und Ordnung. Auch die Reichsstadt Memmingen war regelmäßig mit einem Angehörigen der Großzunft im Bundesrat vertreten; in ihrem Bürgereid schworen die Bürger nicht nur Treue gegenüber Bürgermeister und Amman der Reichsstadt sondern auch gegenüber den Organen des Schwäbischen Bundes.

Seehaufen

Die Bauern aus den Herrschaften von Adel (u.a. Landvogtei, Werdenberg, Montfort/Vorarlberg), Bistümern (Konstanz), Klöstern (u.a. Salem, Weingarten und Weißenau) und Städte (u.a. Überlingen, Ravensburg) nördlich des Bodensees schlossen sich im Februar 1525 u.a. in Rappertsweiler und Bermatingen zum Seehaufen zusammen.

Spital

Ins frühe 13. Jahrhundert reicht die Geschichte des "Heilig-Geist-Spitals" zurück, das zunächst dem Heilig-Geist-Orden (sog. Kreuzherren) unter Führung des "Spitalmeisters" anvertraut war. Zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das Spital geteilt: Der Spitalbetrieb (sog. Unterhospital) wurden fortan von städtischen Pflegern bzw. einem "Hofmeister" verwaltet, das Kloster (sog. Oberhospital) war für die Seelsorge zuständig. Zur Finanzierung der Wohltätigkeitseinrichtungen (für Arme und Kranke, Pilger, Schwangere und Kinder) erwarb das Spital im Memminger Umland einige Dörfer, teilweise einschließlich der dortigen Kirchen und Pfarreien. Das Unterhospital wurde damit zu einem bedeutenden Grund- und Gerichtsherrn, die Reichsstadt zur Obrigkeit über leibeigene Bauern. Auch das Oberhospital besaß Patronatsrechte, innerhalb der Stadtmauer über die Kirche Unser Frauen.

Stadtamman

Ein Amman (Amtmann) war im deutschsprachigen Raum seit dem Mittelalter der oberste Dienstmann einer Obrigkeit und gehörte meist dem Adel oder dem Klerus an, in Städten oft auch den wohlhabenden Schichten des Bürgertums. Der Reichsstadt Memmingen gelang es in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, den Stadtamman selbst zu bestimmen. Er war Vorsitzender des Stadtgerichts und Träger des Blutbannes (Hochgerichtsbarkeit)

Unser Frauen

siehe Kirche zu Unserer Lieben Frau

Stadtschreiber

Der Stadtschreiber stand an der Spitze der städtischen Verwaltung und zählte damit zu den einflussreichsten Männern der Stadt. Durch seine Geschäftserfahrung und seine Rechtskenntnisse war er ein ständiger Ratgeber für Bürgermeister und Rat - meist gut bezahlt, auf längere Zeit bestellt und in der Lage, Urkunden auszustellen.

Türmer

Postiert auf dem Turm der Kirche Sankt Martin hatten die Türmer verschiedene Aufgaben. Sie wachten über die Stadt, meldeten besondere Vorkommnise oder Brände in Stadt und Land, läuteten zu verschiedenen Tagzeiten oder zur Ratsitzung die jeweiligen Glocken und sind auch als Chronisten der Reichsstadt bekannt.

Unterhospital

siehe Heilig-Geist-Spital

Zehn Artikel

Ende Februar 1525 verabredeten sich die Bauern des Memminger Einflussbereiches, die auf Höfen des Memminger Heilig-Geist-Spitals, Memminger Bürger oder der Reichstadt selbst arbeiteten, auf Forderungen und präsentierten sie - ausformuliert von Sebastian Lotzer - dem Rat, der eine gewissenhafte Prüfung der Anliegen versprach und hierfür einforderte, dass sicHeilig-Geisth die Bauern nicht am Bauernaufstand beteiligten.

10/1 Mitwirkung an der Besetzung von Pfarrstellen (vgl. Artikel 1 der Zwölf Artikel 12/1)
10/2 Abschaffung des Zehnten, aber Zusage zum gemeindlichen Unterhalt des Pfarrers (vgl. 12/2: Verwendung des Kornzehnten für Pfarrer, Arme, "Reisige"; Abschaffung des Kleinzehnten
10/3 Abschaffung der Leibeigenschaft inkl. Respekt vor der Obrigkeit (vgl. 12/3)
10/4 Freie Jagd und Fischerei (vgl. 12/4)
10/5 Reduzierung der Frondienste auf ein hergebrachtes Maß (vgl. 12/6 und 12/7)
10/6 Abschaffung des Ehrschatzes (vgl. 12/11 Abschaffung des Todfalles)
10/7 Beibehaltung der Holzfrevel-Strafen in ihrem hergebrachten Umfang (vgl. 12/9)
10/8 Rückgabe von Gemeinde-Wäldern/-Äckern, sofern nicht Verträge vorhanden (vgl. 12/5 und 12/10)
10/9 Möglichkeit zum Verkauf von Ernteerträgen; Nachlässe bei Missernten, Unwettern
10/10 Minderung der Abgabenlast (vgl. 12/8)
 

Zehnt

Die Abgabe des Zehnten (Großzehnt auf Getreide, Kleinzehnt auf Obst und Gemüse, Eier und Kleinvieh) stand in der allgemeinen Kritik, weil sie nicht mehr ausschließlich ihrem ursprünglichem Zweck, dem Unterhalt der Seelsorge, diente. Anders als bei grundherrlichen Abgaben, die der Bauer zum Grundherrn zu bringen hatte, war die Herrschaft berechtigt, auf den Feldern und in den Höfen den 10. Teil des Ertrages zu holen. Zur Einlagerung der Erzeugnisse wurden in vielen Dörfern Zehntstädel errichtet.

Zunft

Memmingens Handwerker waren in 11 Zünften zusammengefasst; als 12. Zunft kam die "Großzunft" der "Geschlechter" und Kaufleute hinzu. An ihre Spitze wählten die Zunftmitglieder einen Zunftmeister, der die Einhaltung der verschiedenen Gewerbeordnungen überwachte und Mitglied des Rates war. Basis der Zunftverfassung der Reichsstadt war eine Urkunde von 1347, die den Zünften Teilhabe am Stadtregiment eröffnete - bis zur Abschaffung per kaiserlichem Dekret 1551/52.

Zwölf Artikel

Laut Blickle waren die Zwölf Artikel der (oberschwäbischen) Bauernschaft "Beschwerdeschrift, Reformprogramm und politisches Manifest" zugleich. Fußend auf den Zehn Artikeln der Memminger Bauernschaft und zahlreichen weiteren Forderungskatalogen waren sie ein Konzentrat bäuerlichen Aufbegehrens und wurden in 25 Auflagen an 15 verschiedenen Orten gedruckt. Vielerorts wurde die Flugschrift zur Grundlage von Verhandlungen zwischen Obrigkeit und Untertanen.

1.    Jede Gemeinde hat ein Recht zu Wahl und Absetzung ihres Pfarrers
2.    Der Kleinzehnt solle aufgehoben, der Großzehnt für Geistliche, Arme und Landesverteidigung verwendet werden.
3.    Die Leibeigenschaft solle aufgehoben werden
4.    Jagd und Fischerei sollen frei sein. Falls Verkäufe vertraglich belegt werden können, sollen einvernehmliche Regelungen zwischen Gemeinde und Rechtsinhabern angestrebt werden.
5.    Wälder und Forsten sollen in Gemeindehand zurückgegeben werden. Sollten Verträge bestehen, werden gütliche Vereinbarungen mit den Forstinhabern angestrebt.
6.    Die Frondienste sollen auf ein erträgliches Maß reduziert werden, orientiert an Herkommen und Evangelium.
7.    Außervertragliche Frondienste sind nicht zugelassen sein, es sei denn gegen eine angemessene Vergütung.
8.    Die Abgaben der Bauern sollen durch "ehrbare Leute" neu eingeschätzt werden.
9.    Die Strafmaße für schwere Vergehen sollen neu festgesetzt werden, orientiert an älteren Gerichtsordnungen.
10.    Ehemalige Gemeindewiesen und -äcker sollen zurückgegeben werden, es sei denn, dass Kaufverträge vorgelegt werden können.
11.    Der Zahlung des Todfalles belastet die Erben ungebührlich und wird deswegen zukünftig verweigert.
12.    Alle Forderungen ergeben sich aus dem Wort Gottes. Sollten sie sich durch die Schrift als unberechtigt erweisen, sollen sie hinfällig sein.